Webseite zu den Pionierarbeiten der Elektromobilität in den 90er Jahren

Ab 23.04.2025 findet im Fahrzeugmuseum Suhl eine Sonderausstellung zu den Pionierarbeiten der Elektromobilität statt

Zur Ausstellung wurde ein Buch veröffentlicht, welches tiefgründigere und bisher zum Teil noch nicht veröffentlichte Informationen zur Elektromobilität enthält.

Buchtitel: Von der Simson zum ersten Serien-Elektrofahrzeug

Autor: Prof. Dr.-Ing. Rigo Herold

ISBN:  9783819263187

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Sonderausstellung zur Pionierarbeit der E-Mobilität „Von der Simson zum ersten Elektro-Serienfahrzeug“

Elektromobilität eine aktuelle Herausforderung

Spätestens seit dem EU-Beschluss zum Aus für Neuwagen mit Verbrennungsmotoren ab dem Jahr 2035 ist das Thema Elektromobilität in aller Munde. Beschäftigt man sich mit den Berichterstattungen aus den Medien, könnte man davon ausgehen, dass alle Entwicklungen aus dem asiatischen Raum stammen. Genau genommen gab es erste Elektrofahrzeuge und die zugehörige Ladeinfrastruktur bereits um 1900. Die Sonderausstellung am Fahrzeugmuseum Suhl soll sich jedoch mit den Anfängen der Elektromobilen Pilot- und Serienfertigung in den 90er Jahren beschäftigen.

 

Enge Verknüpfung der frühen Elektromobilität mit der Marke Simson

Die in der DDR in Suhl gefertigten Simson Mopeds erfreuen sich großer Anerkennung und werden von Menschen aller Generationen geschätzt. Weitaus weniger bekannt ist jedoch, dass im Gelände des Industrieparks SIMSON in Kooperation mit der damaligen Suhler Fahrzeugwerk GmbH das erste deutsche reine Elektro-Serienfahrzeug gefertigt wurde und das bereits im Jahr 1993. Das Elektrofahrzeug war kurz nach der Wiedervereinigung ein Projekt zwischen Ost- und Westdeutschland, da die Prototypentwicklung im Schwarzwald (Hotzenwald) und die Überführung zum Serienfahrzeug und Produktion in Suhl erfolgte. Besonders interessant war, dass die initiale Finanzierung durch die Schokoladenfabrikanten Geschwister Ritter von Ritter-Sport erfolgte.

Parallel zur Geschichte des Hotzenblitzes beschäftigte sich Simson bereits sehr früh mit elektrisch betriebenen Zweirädern. Konkret erhielt das damalige Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk „Ernst Thälmann“ Simson Suhl einen Entwicklungsauftrag für einen Elektrokrankenfahrstuhl ESR10/20 um Devisen zu sparen. Wie zu DDR-Zeiten üblich, sollte auf im Inland verfügbare Teile zurückgegriffen werden, somit wurden die Fahrstühle um einen Trabant-Sitz herum konstruiert. Ausgehend von den in Suhl geschaffenen Kompetenzen zur Steuerung des Antriebes wurde bereits vor 1990 das als „Berliner Roller“ bekannte Zweirad elektrifiziert. Nach der Wiedervereinigung griff die damalige Suhler Fahrzeugwerk GmbH auf diese Vorarbeiten zurück und bot als Serienmodell den ersten Elektroroller mit der Bezeichnung Gamma E an.

 

Die ersten Stromer aus Zwickau

Das Volkswagen Fahrzeugwerk Zwickau fertigte bereits in den 90er Jahren Elektroserienfahrzeuge. Konkret wurde der damalige Golf III unter der Bezeichnung CitySTROMER als rein elektrisches Fahrzeug angeboten und in einer Kleinserie von ca. 120 Stück gefertigt. Die ersten Arbeiten bei Volkswagen zur Elektromobilität begannen weitaus früher. Bereits 1972 konnte man den Transporter T2 in verschiedenen Aufbauten als Elektromobil bestellen. 1976 wurde der Golf I, bereits zwei Jahre nach der Einführung als Verbrenner als Elektrofahrzeug umgebaut. Gemeinsam mit BBC und RWE erfolgte neben der Umsetzung auch die alltägliche Erprobung. Vor dem Golf III wurden auch mehrere Versuchsfahrzeuge des Golf II in der Variante CitySTROMER gebaut.

 

Weitere Innovationen der Elektromobilität aus Sachsen in den 90er Jahren

In Sachsen gab es in den 90er Jahren auch weitere sehr innovative Konzepte. Die Transport- und Systemtechnik AG TRAPOS in Mittweida entwickelte und fertigte basierend auf einen Prototyp der Horlacher AG (Schweiz) den SAXI Kurier. SAXI war die Abkürzung von Sachsen und Taxi, dabei handelte es sich um ein elektrisches Taxi, welches mit den Abmessungen eines Smarts bis zu 6 Leute emissionsfrei transportieren konnte. Premiere hatte das kleine Fahrzeug auf der Leipziger Messe im Jahr 1996.

Gleichzeitig wurde auch in Zschopau im Nachfolgeunternehmen der DDR-Motorradschmiede der Elektro-Kleinroller Charly entwickelt und gefertigt. Der Charly war der erste in Deutschland hergestellte elektrische Kleinroller und war bis in den letzten Jahren ein kommerzieller internationaler Verkaufsschlager.

Konzeption der Ausstellung

Im Rahmen der Sonderausstellung sollen insbesondere aus der Sicht der Entwickler die Etappen der Elektromobilität um die 90er Jahre in Rahmen von realen Exponaten, Informationstafeln sowie interaktiven Medien ausgestellt werden. Da im Fahrzeugmuseum die Ausstellungsfläche begrenzt ist, können nur exemplarische Exponate ausgestellt werden. Volkswagen Classic sowie das Volkswagen Bildungsinstitut Zwickau agieren dabei als Unterstützer für die Bereitstellung von Informationen sowie die Aufbereitung des in Zwickau gefertigten CitySTROMERS.

Weitere Automobilhersteller wie BMW und Mercedes haben ebenfalls Informationsmaterial und Bilder zu ihren ersten Aktivitäten der Elektromobilität bereitgestellt, welche in Form von Rollups und interaktiven Terminals abgerufen werden kann. Weiterhin gibt es auch einen kleinen Überblick über damals in Deutschland verfügbare Elektro-Fahrzeuge wie der CitiEL oder der Ligier Optima II Elektro.

Kurator Dr. Rigo Herold, Professor für digitale Systeme an der WHZ, hatte sich dazu im Vorfeld mit Zeitzeugen und den Entwicklern der ersten Elektro-Fahrzeuge ausgetauscht und für die Ausstellung Informationen und Bildmaterial zusammengetragen, welches noch nie veröffentlicht wurde.

 

Ziel der Ausstellung

 

Die Westsächsische Hochschule Zwickau mit der Fakultät Elektrotechnik möchte als Hochschule für Mobilität durch diese Ausstellung im mitteldeutschen Raum weiter an Sichtbarkeit gewinnen. Gleichzeitig soll ein junges Publikum für ein technisches Studium begeistert werden, um künftig Fachkräfte für die Region Zwickau zu gewinnen.

Ein weiterer Aspekt ist die derzeitige kontroverse Diskussion, zum Thema Elektromobilität. Mit dieser Ausstellung sollen, die teilweise in Vergessenheit geratenen Aktivitäten deutscher Automobilhersteller in Erinnerung gerufen werden, welche in der damaligen Zeit teilweise weit voraus waren. Ebenfalls werden aktuelle Entwicklungen zur Elektrifizierung von Simsons Mopeds anhand von Prototypen und Serienprodukten ausgestellt.

 

Hotzenblitz

Simson gamma E

Golf III CitySTROMer